Xenophons Reitkunst – zwei Projekttage mit Theorie und Praxis


Pferde und Menschen verbindet eine Jahrtausende alte Geschichte und Entwicklung. Pferde waren Fortbewegungsmittel, wurden in Kämpfen ebenso eingesetzt wie im Ackerbau und sind für viele Menschen heute treue Freizeitpartner.

Dennoch steht der Reitsport häufig in der Kritik: Angefangen bei Diskussionen über verschiedene Trainingsmethoden bis hin zu blutigen Mäulern auf Turnierplätzen und der These, dass Reiten generell tierschutzwidrig sei.

Eine Schrift, die ca. im Jahr 365 v. Chr. von Xenophon verfasst wurde, gibt uns Einblicke in die Ausbildung von Pferden in der Antike.

Ziel des Projektes war es, Xenophons Aussagen mit der heutigen Reitlehre zu vergleichen und aktuelle Diskussionsthemen des Reitsports einordnen zu können.

Dazu haben sich über 25 interessierte Griechischschülerinnen und -schüler an einem Dienstagnachmittag im Griechischraum eingefunden: In verschiedenen Arbeitsphasen haben wir die Rolle des Pferdes in der Antike, Xenophons Expertise und seine Ratschläge zur Erziehung von Fohlen beleuchtet. Xenophons Ausbildungsgrundsätze wurden deutlich: Ein Pferd lernt am besten mit Lob, nicht mit Zorn und Ungeduld und ein zuverlässiges Kriegspferd erhält man nicht durch den Einsatz von Gewalt, sondern durch Konsequenz und Bestätigung.

Im zweiten Teil haben wir uns mit einem wichtigen Thema beschäftigt: die richtige Halshaltung des Pferdes beim Reiten Dabei wurde die Muskulatur des Pferdes begutachtet und anhand dessen die Nachteile und gesundheitlichen Schäden der Rollkur bzw. Hyperflexion erarbeitet. Kurze Videoclips zeigten die Vorteile und die Leichtigkeit der pferdefreundlichen Reitausbildung.

Xenophons Aussagen über die Halshaltung bei Pferden verdeutlichen, wie aktuell seine Aussagen sind, wie genau er beobachten konnte und wie pferdefreundlich seine Grundsätze sind.

Der nächste Tag führte uns nach Rügen, wo wir die Möglichkeit hatten, praktische Erfahrungen zu sammeln: Die angehende Pferdewirtschaftsmeisterin Saskia Arlt stellte uns verschiedene Pferde an der Longe vor. Alle verfügten über ein unterschiedliches Exterieur und Interieur und präsentierten sich auch unterschiedlich. Der Beobachtungsauftrag für die Zuschauer war, ihre Halshaltung zu analysieren. Mit weiteren Erklärungen und Veranschaulichungen konnte am lebendigen Objekt auch das Problem der unterschiedlichen Trainingsmethoden und die Auswirkungen auf die Muskulatur noch einmal deutlicher werden als in der Theorie.

Im Anschluss lernten wir eine junge, dreijährige Stute kennen, die noch nicht angeritten ist, aber im Verlauf des nächsten Jahres erste Erfahrungen unter dem Sattel sammeln soll. Die Schülerinnen und Schüler stellten Beobachtungen zum Stand ihrer Ausbildung an. Im nächsten Schritt erstellten sie mit Hilfe einer weiteren Xenophon-Textstelle einen Ablaufplan, wie die Ausbildung der Stute in der Antike gewesen wäre. Im Vergleich zu diesem Entwurf stellte Frau Arlt die heutige Ausbildungsskala eines Reitpferdes vor.

Und zum Abschluss durfte natürlich im praktischen Teil auch die praktische Erfahrung nicht fehlen: Auf zwei Pferden durften alle Freiwilligen das Reiten testen (oder auch auffrischen): Wie reite ich los? Wie lenke ich ein Pferd? Wie halte ich an? Und vor allem: Wie viel an Hilfen benötige ich dafür?

Abgerundet wurde die Exkursion bei strahlendem Herbstwetter mit einem Überblick über die Geschichte und Entwicklung der Reitanlage. Vielen Dank an Familie Arlt für die interessanten Einblicke in den heutigen Reitsport!